Prostituierte gibt es viele. Dies wird wohl niemand ernsthaft bezweifeln. Doch wie viele Sexarbeiterinnen gibt es wirklich? Bis heute gibt es nirgends verlässliche Angaben zu diesem Thema. Bekannt ist lediglich, dass das älteste Gewerbe der Welt auch in der heutigen Zeit einen außerordentlich großen Wirtschaftsfaktor darstellt, in dem tausende von Menschen tätig sind.
In Berlin will man es nun genau wissen. Die Fraktion der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus hat einen Antrag eingereicht, der dazu führen soll, dass genau erhoben wird, wie viele Prostituierte, wie viele Bordelle und wie viele andere Striche es in der Bundeshauptstadt derzeit gibt. Bis dato gibt es hierzu nur vage Schätzungen, die von etwa 10.000 Prostituierten innerhalb Berlins ausgehen.
Die Linke erhofft sich hiervon einen besseren Überblick über die Ist-Situation im Bundesland Berlin zu bekommen. Die Partei plant auf Basis der Ergebnisse eine Art Kommission einzurichten, in der neben Landespolitikern auch Vertreter der Polizei, der Justiz, des Rotlichtmilieus und auch Sexarbeiterinnen selbst vertreten sind. Zu diesem Zweck will die Linkspartei in Berlin auch aktive Prostituierte in den zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses einladen.
In Berlin schlägt der Plan der Linken bereits hohe Wellen. Viele, vor allem Konservative, sträuben sich derzeit gegen den Antrag. Sie bezweifeln auch den Nutzen einer Zählung von Prostituierten.
Dabei erhofft man sich von einer genaue Erfassung des Rotlichtmilieus durchaus Vorteile. So soll die Erhebung nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen und von erfahrenen Forschern durchgeführt werden, die sich bereits mit diesem Thema befasst haben und bereits über eine gewisse Basis an Erkenntnissen verfügen.
Dies würde für die Politik in Berlin wichtige Informationen liefern, auf deren Grundlage sich die Berliner Gesetzgebung anpassen könnte. Obwohl im Bundesland Berlin die Prostitution bereits seit 2002 als Beruf offiziell anerkannt ist, stellt die Landesgesetzgebung immer noch einen erheblichen Störfaktor in der Prostitution dar, der Sexarbeiterinnen auch heute noch benachteiligt und immer noch zwielichtig dastehen lässt.
Zudem könnte man mit derartig genauen Ergebnissen einen besseren Schutz der Prostituierten vor schwarzen Schafen in der Branche herbeiführen, gibt die Politik weiter an. Für die Politik wohl aber besonders interessant ist natürlich die Chance, durch einen besseren Überblick über die Realität im Bereich der Prostitution zusätzliche öffentliche Einnahmen zu bewirken. Durch eine präzise Erfassung der Prostitution in der Hauptstadt gäbe es weniger verdeckte Prostitution, die sich einer staatlichen Einflussnahme entziehen kann.
Noch ist der Antrag der Linkspartei nicht verhandelt worden. Derzeit debattiert noch der zuständige Fachausschuss im Abgeordnetenhaus über den Vorschlag.
Wenn der Antrag durch geht und es tatsächlich zu Deutschlands erster Hurenzählung kommt, könnte das Beispiel Berlin sehr bald auch bundesweit Schule machen.
So ist es durchaus vorstellbar, dass in den nächsten Jahren auch in anderen Städten und Bundesländern Aktivitäten gestartet werden, die Licht ins Dunkel des horizontalen Gewerbes bringen sollen. Man darf gespannt sein, was die Ergebnisse in Berlin zu Tage fördern, und ob die gewünschten Effekte tatsächlich auch eintreten.