Fremdgehen ist immer noch ein Thema, über das gesellschaftlich viel geschwiegen wird. Und natürlich spricht auch keiner gerne darüber, wenn er betrogen oder hintergangen wurde. Zu groß ist da die Scham, aber auch der Schmerz, der damit meist einhergeht. Oft ist dabei ja auch gerade der Vertrauensverlust das eigentlich schmerzhafte. Doch woran liegt es, dass Menschen fremdgehen? Ist es die günstige Gelegenheit? Ist eventuell der Alkohol schuld, wie so oft behauptet wird? Oder liegt es gar einfach in der menschlichen Natur, dass wir, zumindest auf Dauer, nicht treu sein können? Die Psychologie hat, wie so oft, Antworten darauf. Hier spricht man vom sogenannten „Coolidge-Effekt“.
Was ist der Coolidge-Effekt?
Der Coolidge-Effekt bezeichnet ein Phänomen, dass wir vermutlich alle aus unseren längeren Beziehungen kennen. Am Anfang kann man gar nicht genug Sex mit der neuen Partnerin oder dem neuen Partner bekommen. Doch nach und nach nimmt diese Lust auf Sex ab, und das Verlangen wird langsam immer weniger.
In der Psychologie (und auch der Biologie) bezeichnet man dies als Coolidge-Effekt. Nämlich den wachsenden Überdruss, den man erfährt, wenn man immer wieder mit ein und demselben Sexualpartner Sex hat.
Wissenschaftliche Versuche zum Coolidge-Effekt
In der Wissenschaft ist es ja üblich, Behauptungen mit Experimenten zu hinterfragen. Denn nur dadurch erlangt man Gewissheit. Und genau darum geht es ja in der Wissenschaft. Nämlich Gewissheit zu erlangen. Oder anders ausgedrückt „Wissen zu schaffen“. Und das passierte auch beim Coolidge-Effekt. Bereits 1956 gab es die ersten Experimente dazu.
Bei einem frühen Versuch mit Wanderratten von Beach und Jordan wurde ein Männchen mit vier bis fünf Weibchen in einen Käfig gesperrt. Dabei wurde beobachtet, dass das Männchen sich wiederholt (!) mit allen Rattendamen paarte. Und zwar bis zur völligen Erschöpfung. Danach war es für weitere Stimulationen der Damen nicht mehr empfänglich. Dies änderte sich jedoch, sobald man eine weitere Rattendame in den Käfig sperrte. Trotz der vorherigen Erschöpfung paarte sich das Männchen nun noch mit der frischen Rattendame.
Um zu sehen, ob dieser Effekt auch bei Weibchen auftritt, hat man einen ganz ähnlichen Versuch mit einem Hamsterweibchen unternommen. Die Gute wurde also mit vier bis fünf Herren in einen Käfig gesperrt. Ein Hamster-Gang-Bang also. (An dieser Stelle fragten wir uns, ob XHamster vielleicht daher seinen Namen hat?) Der Coolidge-Effekt trat hier genauso auf, allerdings in abgeschwächter Form.
Was passiert da Biochemisch im Gehirn?
Diese Versuche sind übrigens nicht auf bestimmte Spezies beschränkt. Sie gelten also auch für den Menschen, der ja biologisch gesehen letzten Endes auch nur eine Spezies unter vielen ist. Und wenn wir uns genauer ansehen, was da im Gehirn eigentlich geschieht, dann wird das auch sehr deutlich.
Beim Sex wird „Dopamin“, das im Volksmund auch als Glückshormon bezeichnet wird, ausgeschüttet. Das Dopamin ist dabei ein „Neurotransmitter“, der die Nervenzellen im „limbischen System“ stimuliert. Das limbische System ist der Teil des Gehirns, das für die Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von Treibverhalten verantwortlich ist. Im limbischen System werden auch die „Endorphine“, also die körpereigenen Opioide ausgeschüttet.
Gleichzeitig wirkt das Dopamin auch stimulierend auf den „Nucleus accumbens“, der eine zentrale Rolle im „mesolimbischen System“, also dem „Belohnungssystem“ des Gehirns, spielt. Mit anderen Worten: Dopamin macht Glücklich.
Bezogen auf den Coolidge-Effekt lässt sich feststellen, dass die Dopaminausschüttung über die Zeit also abnimmt.
Diese Vorgänge sind bei Arten mit entwickelten Gehirnen gleich, daher lassen sich die Ergebnisse dieser Versuche auch auf die Spezies Mensch übertragen.
Ist Fremdgehen bei Männern oder Frauen häufiger?
Der Coolidge-Effekt ist wie vorstehend erläutert also kein Phänomen, dass nur bei Männern auftritt. Auch bei Frauen gibt es diesen Effekt, wenn auch in abgeschwächter Form. Das soll jetzt aber bitte keine pauschale Entschuldigung für die Herren hier sein. 😉
Vielmehr soll es ein Erklärungsversuch sein und Klarheit über die Ursachen des Fremdgehens bringen. Denn wenn man die Ursachen für ein Problem kennt, dann kann man auch versuchen eine Lösung dafür zu finden.
Ist es unausweichlich, dass Menschen fremdgehen?
Der Coolidge-Effekt muss nicht bedeuten, dass wir alle früher oder später fremdgehen. Auch wenn man das zugegeben jetzt denken könnte. Der Coolidge-Effekt sagt ja lediglich aus, dass der Sex in einer monogamen Beziehung auf Dauer nicht mehr so „aufregend“ oder „befriedigend“ ist, wie am Anfang einer Beziehung. Mehr nicht.
Ob also jemand fremdgeht oder nicht, das hängt auch noch von vielen anderen Faktoren ab. Aber mit der Kenntnis des Coolidge-Effekts lässt sich ein Fremdgehen sicherlich anders einordnen als ohne dieses Wissen. Denn oftmals stellt sich ja der hintergangene Partner danach die Frage, ob der Partner oder die Partnerin ihn bzw. sie nicht mehr liebt. Und damit hat ein Fremdgehen mit diesem Hintergrundwissen nichts zu tun.
Darüber hinaus liess sich auch feststellen, dass nach einem Seitensprung oftmals auch das heimische Sexleben wieder intensiver und befriedigender wird. Der Anstieg des Dopaminspiegels beim Sex mit einem anderen Partner scheint sich also auch auf die Dopaminausschüttung im heimischen Bett auszuwirken. Vielleicht ist das auch noch ein Punkt, weshalb alternative Beziehungsformen wie die Polyamorie oder die offene Beziehung derzeit so im Trend liegen.
Sind Polyamorie und die offene Beziehung die Lösung?
Polyamorie liegt momentan gerade bei jungen Menschen sehr im Trend. Fast jeder zweite unter 25 kann sich vorstellen polyamor zu leben bzw. poly zu sein. Polyamorie bezeichnet dabei parallele Liebesbeziehungen zu mehr als einer Person.
Die offene Beziehung steht dahingegen eher bei Personen über 40 hoch im Kurs. Wenn man den Partner oder die Partnerin fürs Leben gefunden hat, und ihn oder sie auch nicht mehr missen möchte, man aber merkt, dass es im Bett nicht mehr so richtig klappt.
Bei einer offenen Beziehung muss es übrigens nicht so sein, dass man durch alle Betten springt. Vielmehr kann es auch so gestaltet sein, dass es gewisse Vereinbarungen gibt. Zum Beispiel, dass es in Ordnung ist, wenn mal jemand Lust auf fremde Haut hat. Ein Punkt, den viele bei dieser Begrifflichkeit gerne vergessen.
Was kann man gegen das Fremdgehen tun?
Sicherlich wird sich nun aber der ein oder andere Fragen, wie man dem Fremdgehen entgegenwirken kann. Und zwar ohne gleich seine Beziehung zu öffnen bzw. eine andere Beziehungsform einzuführen.
Grundsätzlich geht es darum, das eigene Liebesleben spannend zu halten. Wenn man immer mal wieder etwas Neues ausprobiert, dann kann man auch über eine lange Zeit sein Sexualleben in einer monogamen Beziehung spannend halten.
Das setzt natürlich eine offene Sichtweise voraus. Es ist nun einmal nicht jedermanns Sache mal Sex im Auto zu haben, wo man eventuell gesehen werden könnte. Oder im Wald. Oder sonst an einem ungewöhnlichen Ort. Klar, dass man da auch ein wenig nervös ist und sich sicherlich zwischendurch einmal mehr umsieht. Aber vielleicht ist auch gerade das der Reiz an diesen neuen Sachen?
Darüber hinaus ist natürlich auch eine offene Kommunikation mit der dem Partner oder der Partnerin wichtig. Nur wenn man miteinander redet, kann man Wünsche und Fantasien erkennen. Und vielleicht liegen die Vorstellungen beider Partner ja gar nicht so weit auseinander?
Immer wieder etwas Neues auszuprobieren kann das eigene Sexleben viel länger spannend halten, als man denkt.
Wo kommt der Begriff Coolidge-Effekt her?
Zum Schluss noch eine spannende Anekdote zur Herkunft des Begriffs Coolidge-Effekt. Man ist sich nicht ganz sicher ob der Begriff von einem Biologen namens Coolidge stammt. Die viel schönere Variante ist aber die, nach der der Coolidge-Effekt nach dem US-Präsidenten Calvin Coolidge benannt worden sein soll.
Während seiner Präsidentschaft soll er zusammen mit seiner Frau eine Farm besichtigt haben. Seine Frau wunderte sich über die vielen Hennen und nur einen Hahn. Daraufhin erklärte man ihr, dass der Hahn den Paarungsakt dutzende Male am Tag vollziehe. Sie soll darauf gesagt haben: „Sagen sie das mal meinem Mann.“ Als der das hörte, fragte er nach, ob der Hahn immer nur eine Henne besteige. Nachdem man ihm sagte, dass es jedes Mal eine andere Henne sei, soll er gesagt haben: „Sagen Sie das mal meiner Frau.“ 😊
Unser Fazit zum Fremdgehen
Der Coolidge-Effekt ist wie auch das Thema Fremdgehen ein heikles Thema, bei der jeder für sich selbst wissen muss, wie er damit umgeht. Man kann da keine Empfehlungen geben. Viel zu persönlich ist das Thema als solches.
Dennoch kann das Wissen um den Coolidge-Effekt auch nach einem Seitensprung zur Einordnung dienen. Fremdgehen muss nicht bedeuten, dass der Partner einen nicht mehr liebt oder die Beziehung keinen Wert mehr hat. Vielmehr ist es nur natürlich, dass unsere Lust sich nach und nach abnutzt. Auf beiden Seiten. Aber deshalb eine ansonsten gut funktionierende Beziehung gleich beenden?
Was sagt ihr dazu? Wie ist eure Meinung? Schreibt uns gerne unten in die Kommentare. Auch anonym. Nutzt dazu gerne die Mail-Adresse 123@pauli.com. 😊