Kiez ist eine Bezeichnung für ein Stadtviertel, das sich durch eine besondere städtebauliche Beschaffenheit und manchmal Bevölkerungsstruktur von seiner Umgebung abhebt und das durch ein gemeinsames Wir-Gefühl seiner Bewohner gekennzeichnet ist.
Ein Kiez stellt meist keinen offiziellen Stadtteil oder eine andere administrative Verwaltungseinheit dar, wie zum Beispiel ein Stadtbezirk, wird aber in der Öffentlichkeit als eigenständiges Viertel wahrgenommen. Ein Kiez ist oftmals auch ein bekanntes Vergnügungsviertel innerhalb seiner Stadt. Das Paradebeispiel hierfür ist der Stadtteil St. Pauli, insbesondere die Reeperbahn und die angrenzenden Straßen und Lokalitäten.
Kiez – Begriff und Geschichte
Der Begriff Kiez stammt von dem mittelhochdeutschen Wort „Kietz“ ab, mit dem im Mittelalter in den slawisch besiedelten Gebieten Nord- und Ostdeutschlands bestimmte Siedlungen bezeichnet wurden. In diesen Siedlungen, die für gewöhnlich in der Nähe einer Burg lagen, lebten jene Menschen, die für den in dieser Burg lebenden Herrscher als Dienstleister tätig waren.
Prägend für einen Kiez war in jener Zeit, dass sie in der Nähe städtischer Siedlungen lagen, ohne mit diesen jedoch direkt räumlich verbunden waren. Zudem entwickelte sich ein Kiez meist linear entlang eines großen Weges. Das Fehlen einer Kirche sorgte dafür, dass sich ein Kiez nie als eigenständige Stadt oder Siedlung entwickeln konnte und als solche wahrgenommen wurde.
Da in einem Kiez verbreitet ärmere Bevölkerungsgruppen lebten und auch oft der Prostitution nachgegangen wurde, bekam der Kiez mit der Zeit eine zunehmend negative Note.
Während im nord- und ostdeutschen Raum der Begriff Kiez vorherrscht, spricht man am Niederrhein, vor allem in Köln, von einem „Veedel“ und in Österreich, allen voran in Wien, von einem „Grätzl“.
Der Kiez heute
In der heutigen Zeit dient der Begriff Kiez vor allem als Bezeichnung für ein klar definiertes Stadtviertel, dass sich durch bestimmte architektonische und sozioökonomische Merkmale von seiner Umgebung abhebt.
Speziell in Berlin werden eine ganze Reihe von Stadtvierteln mit dem Begriff Kiez betitelt. Dabei hat sich die in früheren Zeiten oftmals negative Konnotation des Begriffs Kiez mittlerweile zu einem eher positiven Ausdruck gewandelt.
Viele Menschen, die in einem Kiez leben, sprechen heute gut von ihrem Viertel und sind auch stolz darauf, in ihrem Kiez zu leben. Verstärkt wird diese starke Identifikation mit dem eigenen Kiez vor allem durch ein gemeinsames Identitätsgefühl mit den anderen Einwohnern des jeweiligen Stadtviertels.
Lediglich von Bewohnern anderer Stadtviertel, besonders solchen mit wohlhabenderen Einwohnern, wird der Kiez mitunter als schlechtes Wohnviertel angesehen und die Bezeichnung Kiez als abwertend verwendet.
Der Kiez als Vergnügungsviertel
Während in Berlin, der Stadt, in der besonders viele Viertel Kiez genannt werden, die Kieze oftmals Stadtviertel sind, die hauptsächlich durch gewöhnliche Wohnnutzung gekennzeichnet sind, stellt ein Kiez in anderen Städten oft ein Vergnügungsviertel dar, oft das bedeutendste der jeweiligen Stadt. In einem solchen Kiez sind oft zahlreiche Einrichtungen des Nachtlebens und des Rotlichtmilieus auf relativ geringer Fläche konzentriert.
Das Paradebeispiel für diese Verwendung des Begriffs Kiez ist das Gebiet um die berühmte Reeperbahn im Stadtteil St. Pauli in Hamburg. Hier befinden sich eine Vielzahl von Nachtclubs, Gaststätten, Diskotheken und Theatern. Zudem ist es ein Zentrum der Prostitution.