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200. Todestag des Marquis de Sade: Wer war der Urvater des Sadismus?

200. Todestag des Marquis de Sade: Wer war der Urvater des Sadismus?

Der Marquis de Sade – wer hat nicht schon von ihm gehört? Kaum ein Name wird so sehr mit Sadismus in Verbindung gebracht, wie dieser. Kein Wunder, geht der Begriff Sadismus ja schließlich auf genau jenen Marquis de Sade zurück.

Wer aber war dieser Mann, der für die Verhältnisse seiner Zeit ungeheuerliche sexuelle Praktiken auslebte und sogar in Romanform publizierte? Donatien Alphonse François de Sade, so sein voller Name, wurde am 2. Juni 1740 in Paris geboren.

Als Hochadliger wuchs er wohlhabend auf und absolvierte nach der Schule eine Ausbildung an einer Offiziersschule. Insofern schien alles auf ein für die damalige Zeit standesgemäßes und alles andere als außergewöhnliches Leben hinzudeuten.

Doch als 1756 der Siebenjährige Krieg ausbrach, musste der junge Marquis als Offizier mit der französischen Armee kämpfen. Er kam aber unverletzt aus dem Kriege zurück und wurde sogar mehrfach befördert und für seine Tapferkeit ausgezeichnet.

Als Adliger und verdienter Offizier übernahm er 1764 das Amt seines Vaters als königlicher Generalleutnant mehrerer kleiner Provinzen im Osten Frankreichs. Dieses Amt, das ein gutes Einkommen, aber wenig Dienstpflichten umfasste, wurde die erste Säule seines Wohlstands.

Zu noch größerem Reichtum gelangte er aber durch die Zweckehe mit Renée Pélagie de Montreuil, die einer sehr reichen Familie des niederen Adels entstammte und deren Familie durch die Heirat der Tochter mit einem Hochadligen den gesellschaftlichen Aufstieg anstrebte.

Sein Wohlstand ermöglichte dem Marquis des Sade ein ausschweifendes Leben, das er sexuell in vollen Zügen auskostete und dabei die Grenzen seiner Zeit weit überschritt. So lud er zahlreiche Prostituierte und andere Frauen zu sich ein und lebte an ihnen seine von Dominanz und Unterdrückung geprägten sexuellen Gelüste aus.

Von verbalen Demütigungen über Fesseln bis hin zum Auspeitschen der Frauen reichte sein Repertoire. Er veranstaltete zahlreiche Sex-Orgien, zu denen Frauen und auch Männer erschienen.

Neben seinem Reichtum verhalf ihm auch seine äußerst attraktive Erscheinung dazu, dass viele Frauen bereit waren, sich ihm hinzugeben. Zur Not konnte er durch sein Amt als Generalleutnant Frauen auch dazu zwingen, bei seinen Orgien zu erscheinen, wo sie sich sexuell zur Verfügung zu stellen hatten.

Nachdem aber mehrere Frauen die Praktiken des Marquis anzeigten, musste er flüchten, wurde aber schließlich doch verhaftet und eingesperrt. Ein gegen ihn verhängtes Todesurteil wurde 1778 wieder annulliert.

Nachdem er zuvor bereits Reiseberichte verfasste, schrieb er nun in der Haft in der berühmten Bastille jene Werke, die ihn bis heute zu einem Mythos und einer Überfigur der erotischen Literatur machen: „Die 120 Tage von Sodom“ und „Justine oder Die Unglücksfälle der Tugend“ gelangten nach dem Tod des Marquis zu weltweiter Bekanntheit.

Die Werke konnten jedoch nicht veröffentlicht werden, da die Schilderungen sexueller Gewalt und überbordender Exzesse für die damalige Zeit zu anstößig waren.

Nach der Französischen Revolution kam der Marquis des Sade frei und wirkte zeitweilig sogar als Richter. Seine aristokratischen Eltern, die den revolutionären Kräften ein Dorn im Auge waren, konnte er dadurch vor der Guillotine retten.

Als aber die Jakobiner unter Maximilien Robespierre an die Macht gelangten, wurde der Marquis erneut inhaftiert und später zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde aber nach der Ablösung der Jakobiner wieder fallen gelassen.

Der Marquis des Sade kam frei, musste aber einen erheblichen Teil seines Besitzstandes verkaufen. Auch wenn sein Wohlstand sank, erreichten seine Werke immer größere Bekanntheit, auch wenn niemand wusste, wer der Autor war. So fanden die Werke „Justine“ und „Juliette“ unter der Hand große Verbreitung.

Offen zeigen konnte man die Bücher nicht. Zu extrem und unvorstellbar waren die Darstellungen von Orgien, Folter und Erniedrigungen und sogar Lustmordszenen.

Nachdem Napoleon Bonaparte 1799 die Macht in Frankreich erlangte und immer diktatorischer regierte, drehte sich der Wind wieder gegen den Marquis de Sade. Er wurde erneut wegen seiner Schriften eingesperrt.

Nachdem er im Gefängnis andere Häftlinge sexuell belästigt hatte, wurde er erst in ein anderes Gefängnis und danach auf Bitten seiner Familie in die Irrenanstalt Charenton-Saint-Maurice verlegt. Hier verfasste er weitere Schriften und durfte sogar mit anderen Insassen Theater spielen.

Später wurde er jedoch mit Schreibverbot und Einzelhaft belegt und konnte somit keine weiteren Bücher mehr verfassen. Der Marquis starb am 2. Dezember 1814. Sein Grab ist heute nicht mehr auffindbar.

Der Marquis de Sade war eine für seine Zeit extreme Erscheinung, der gerade durch die Schilderungen seiner umstrittenen Sexualpraktiken eine bis heute ungebrochene Faszination auf Menschen ausübt und die Künste immer noch enorm beeinflusst.

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